Unser Stromnetz arbeitet mit 50Hz, was bedeutet, dass pro Sekunde 50mal die Richtung geändert wird. Schwanken Erzeugung und Verbrauch, wirkt sich das auf die Frequenz aus. Bei zu wenig Leistung fällt die Frequenz, bei zu viel Leistung steigt die Frequenz. Um die Frequenz stabil zu halten, müssen Erzeugung und Verbrauch somit im Gleichgewicht sein.
Früher wurde dieses Gleichgewicht über die zentrale Regelung großer Kraftwerke gewährleistet (Redispatch 1.0). Im Zuge der Energiewende speisen jedoch immer mehr Anlagen auch erneuerbare Energie dezentral ein. Im Gegensatz zum Kraftwerk gibt es für diese Anlagen keinen Fahrplan. Die erzeugte Energie hängt viel mehr von Umwelteinflüssen wie Solarstrahlung und Windgeschwindigkeit ab. Zur Wahrung der Netzstabilität reicht es nicht deshalb nicht mehr, die Produktion eines Kraftwerks herunterzufahren. Vielmehr werden nun auch die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien heruntergeregelt – hier spricht man vom Redispatch 2.0.
Im Vergleich zum Redispatch 1.0 sind wesentlich mehr Akteure beteiligt. Während früher nur Übertragungsnetzbetreiber, Einsatzverantwortlicher und Anlagenbetreiber verantwortlich waren, werden nun zusätzlich verschiedene Verteilnetzbetreiber und unterschiedliche Anlagenbetreiber mit einbezogen. Die Verteilnetzbetreiber beziehen den Strom vom Übertragungsnetzbetreiber und leiten ihn mit der notwendigen Spannung an den Endverbraucher weiter. Unter Anlagenbetreiber sind zudem nicht mehr nur Betreiber von Kraftwerken zu verstehen, sondern auch von Solar- und Windkraftanlagen. Sie werden für die Einspeisung vergütet. Wenn ihre Anlage zur Sicherung der Netzstabilität abgeschaltet wird und ihnen dadurch die Einspeisevergütung entgeht, wird ihnen zum Ausgleich ein Entgelt für die Nicht-Einspeisung gezahlt: die sog. Ausfallarbeit, welche entschädigt wird.¹ Diese Vergütung steht am Ende der Redispatch 2.0-Prozesse.
Zur Sicherstellung der Netzstabilität ist also eine Regelung der Anlagen notwendig, wofür der Betreiber entschädigt werden muss. Die dafür nötigen Austauschprozesse werden von der Bundesnetzagentur beschrieben und definiert.² Insgesamt hat sich die Komplexität der Aufgabe, Netzstabilität zu gewährleisten, stark erhöht. Diese Komplexität wird in Zukunft eher noch steigen: Während die Prozesse des Redispatch 2.0 sich noch in Umsetzung und Erprobung befinden, stößt man bereits auf den Begriff Redispatch 3.0, bei dem auch kleine Potenziale ausgeschöpft werden sollen.³ ⁴
_______________________
¹ Eigene Darstellung
² Bundesnetzagentur 2022, Redispatch https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Versorgungssicherheit/Netzengpassmanagement/Engpassmanagement/Redispatch/start.html, Abruf 17.11.2022
³ Vgl. BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V, 2020, BDEW-Leitfaden zur Berechnung der Ausfallarbeit Redispatch 2.0, S.7-8, 38-47
⁴ Vgl. Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Anlage 2 zum Beschluss BK6-20-059 – „Kommunikationsprozesse Redispatch“, S.5
⁵ Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 2022, BMWK – Redisptach 3.0, https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Digitale-Welt/GAIA-X-Use-Cases/redispatch-30.html, Abruf 18.11.2022
⁶ Vgl. TransnetBW GmbH, 2022, Studie zu Redispatch 3.0 vorgestellt, https://www.transnetbw.de/de/newsroom/presseinformationen/studie-zu-redispatch-3-0-vorgestellt, Abruf 18.11.2022